Peter Abtmeier
Der Bunker
F�hrungshilfe f�r Lehrer
Die F�hrungshilfe basiert so weit wie m�glich auf den in der
Ausstellung im "Bunker" verwendeten (durchnummerierten) Texten und stellt
so auch einen Ersatz f�r den bisher nicht vorhandenen Ausstellungskatalog
dar. Nur wenn die Exponate keine ausreichenden Informationen vermitteln,
wurden zus�tzliche Quellen herangezogen.
"Sch�lerinformationen" sind zur - eventuell verknappten - Weitergabe an
die Teilnehmer der F�hrung gedacht. Bei vielen Texttafeln gen�gt auch ein
Hinweis.
"Verweise" dienen zum einen als Hintergrundinformation f�r den Lehrer und
zum anderen als Anregung zu einer m�gliche Vertiefung des Geh�rten oder
Gelesenen durch interessierte Sch�ler bei der selbst�ndigen Erforschung
des Kommandanturarrestes.
Arbeitsbl�tter, die es Sch�lern erm�glichen sollen, den Bunker auch
alleine zu erschlie�en, finden Sie hier.
Hintergrundinformationen f�r den Lehrer
3001 (Eingangsflur)
Grundriss des Bunkers von 1938 [hier in etwas anderer Form]

Wenn Sie mit der Maus �ber die Skizze fahren (Nicht
klicken!),
erhalten Sie zus�tzliche Informationen �ber einige R�ume.
3038 (Leseraum)
Die Arrestgeb�ude des KZ Dachau (Bunker) Im Konzentrationslager Dachau
gab es seit April 1933 eine eigene Arrestabteilung. Sie umfasste nur f�nf
Zellen.
Von Anfang an war dies ein Ort des Schreckens, an dem die H�ftlinge von
der SS in besonderer Weise misshandelt wurden.
Auch die ersten Morde im KZ Dachau geschahen hier.
Ab Januar 1934 wurde ein neues Arrestgeb�ude mit 22 Zellen benutzt. Die
H�ftlinge bezeichneten die zum Lagergef�ngnis umgebauten Toilettenanlagen
der ehemaligen Munitionsfabrik wegen ihres Aussehens als "Bunker". In
seinem abgeschlossenen Innenhof wurden von der SS Strafen wie das
"Pfahlh�ngen" ausgef�hrt. [siehe Luftbild im Leseraum]
Mit dem Bau des neuen Lagers wurde 1937/38 der heute noch stehende
"Kommandantur-Arrest" errichtet. Der alte Bunker wurde abgerissen.
Im Unterschied zu seinen beiden Vorl�ufern handelte es sich um einen
modernen Gef�ngnisbau mit 137 Zellen. Trotz der modernen Einrichtung blieb
der Bunker f�r die Gefangenen ein Ort des Schreckens, der Leiden und des
Sterbens.
Das Geb�ude wurde nach der Befreiung von der US-Milit�rregierung zur
Internierung von NS-T�tern und sp�ter als Milit�rgef�ngnis genutzt.
In dieser Zeit wurden die Gitterfenster in den Zellent�ren eingebaut.
Der Bunker zeigt sich im Grundriss seiner Errichtung. Zellent�ren, Fenster
und Gitter sind kaum ver�ndert. Bei der Restaurierung 1999 wurden im Flur
und in einzelnen Zellen die Wandanstriche aus der Nachkriegszeit
abgenommen. In der Zeit des US-Milit�rgef�ngnisses angebrachte Hinweise
und Symbole wurden �berdeckt.
Einf�hrung
Sch�lerinformation
Ort: Vor dem Bunker bei der gro�en Informationstafel (Richtung
Exekutionsmauer)
14 Bunker
Mit dem Bau des neuen Lagers [1938] lie� die SS von den H�ftlingen ein
neues Arrestgeb�ude errichten. Dieses Lagergef�ngnis wurde Bunker genannt.
Der Bunker war innerhalb des Konzentrationslagers ein zentraler Ort des
Terrors.
In seinen Zellen wurden H�ftlinge zur Strafe wochen- oder monatelang
eingesperrt, oftmals im Dunkeln und mit einer Ern�hrung, die noch geringer
war als im �brigen Lager.
Im Bunker misshandelte und folterte die SS Gefangene.
Ab 1944 wurden als zus�tzliches Instrument der Folter Stehzellen
eingebaut.
Eine unbekannte Zahl von H�ftlingen wurde im Bunker ermordet oder in den
Selbstmord getrieben.
Ab 1941 brachte die Gestapo im Bunker auch prominente Sonderh�ftlinge als
Geiseln des Regimes unter.
Ebenfalls 1941 wurde im linken Geb�udefl�gel ein Straflager f�r Polizei-
und SS-Angeh�rige eingerich-tet.
Nach der Befreiung nutzte die amerikanische Milit�rregierung das Geb�ude
zur Internierung von NS-T�tern.
Nach Abschluss der Milit�rgerichtsprozesse war das Geb�ude
Milit�rgef�ngnis f�r Angeh�rige der US-Armee.
Je nach Sch�lergruppe und Ort gen�gt auch die folgende Information:
3003 (Wachraum)
Der Bunker war innerhalb des Konzentrationslagers ein zentraler Ort des
Terrors. Im Hof des Bunkers exekutierte die SS Gefangene und f�hrte die
Pr�gelstrafe und das "Pfahlh�ngen" durch.
1.
Station: Exekutionen
Sch�lerinformation
Schon in den beiden "alten" Bunkerbauten wurde der Bunkerhof zur
Hinrichtung von Gefangenen benutzt, so z.B. bei der Niederschlagung des
angeblichen "R�hmputsches" 1934.
Hintergrundinformation
"Im KZ Dachau bzw. in dessen N�he fanden im Rahmen der "R�hm-Aktion"
insgesamt achtzehn Exekutionen statt. Unter gro�en
Sicherheitsvorkehrungen waren die verhafteten Todeskandidaten zwischen
30. Juni und 2. Juli in das Konzentrationslager gebracht worden. Noch am
30. Juni erschoss die SS Gustav Ritter von
Kahr kurz nach dessen Einlieferung im Innenhof des Bunkers. Hitler
lie� sp�te Rache an dem ehemaligen Generalstaatskommissar f�r Bayern
�ben, weil von Kahr den "Hitler-Putsch" vom 9. November 1923 trotz
anf�nglicher Zustimmung hatte niederschlagen lassen. Neben acht
SA-F�hrern ermordete die Dachauer SS bis zum 2. Juli 1934 auch vier
Zivilisten, unter ihnen den fr�heren Chefredakteur der M�nchner Neuesten
Nachrichten, Fritz
Gerlich, der die NS-Bewegung in seiner Wochenzeitschrift "Der gerade
Weg" bek�mpft hatte.
Erstmals diente das KZ Dachau und hier vor allem der Bunkerhof der
obersten NS-F�hrung als Mordst�tte."
Dirk A. Riedel: Die Bunkerbauten im KZ Dachau,
Augsburg 2001, S. 19
"Der dritte Bunker, ein flacher Zellenbau, der noch heute besichtigt
werden kann, ist nur knapp zehn Meter breit, erstreckt sich aber �ber
die ganze L�nge des Wirtschafsgeb�udes (196 Meter). Beide Bauten
verlaufen parallel zueinander und bilden einen gemeinsamen Hof.
Urspr�nglich schirmte eine Mauer den Arrestbereich im Westen vom
restlichen H�ftlingslager ab, so dass das Gel�nde nur an einem
Wachh�uschen vorbei betreten werden konnte.
Dirk A. Riedel: Die Bunkerbauten im KZ Dachau,
Augsburg 2001, S. 22
Auch im Hof des 1938 vollendeten neuen Bunker fanden immer wieder
Exekutionen statt.
"Eine ... Mauer zwischen Zellenbau und Wirtschaftsgeb�ude teilte ungef�hr
auf halber H�he des Bunkerhofs einen hinteren kleineren Platz ab. In
diesem zweiten Hof hatte die SS eine Erschie�ungswand mit einem Kugelfang
und einem Hinrichtungspfahl anbringen lassen."
Dirk A. Riedel: Die Bunkerbauten im KZ Dachau, Augsburg 2001, S. 22
Hintergrundinformation
"Mit dem Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 nahmen die Morde
in den Konzentrationslagern eine neue, schreckliche Dimension an. Schon im
Juli befahl der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich,
Gestapo-Kommissionen in die Kriegsgefangenenlager zu schicken, um
diejenigen H�ftlinge "auszusondern", die in den n�chstgelegenen KZ
ermordet werden sollten. Neben Politkommissaren der Roten Armee und
anderen politisch aktiven Soldaten sahen Heydrichs Einsatzbefehle Nr. 8
und Nr. 9 auch die "Aussonderung" von f�hrenden Pers�nlichkeiten aus
staatlichen Beh�rden und dem Wirtschaftsleben, der "sowjetrussischen
Intelligenzler", aller Juden und der "Aufwiegler oder fanatischen
Kommunisten" vor.
Im August 1941 notierte der tschechische H�ftling Karel Kas�k in seinem
heimlich gef�hrten Tagebuch, dass mehrere Personen mit Autos in den
Bunkerhof gebracht worden seien. Die SS hatte den Gefangenen befohlen,
ihre Arbeitspl�tze in der s�dlichen H�lfte des Lagers, also in der N�he
des Arrests zu r�umen. Mit Schie��bungen der Wachtruppe sollten die
Gewehrsalven im Bunkerhof �bert�nt werden. Doch am Abend, als K�s�k mit
anderen Gefangenen von einem Au�enkommando ins Lager einr�ckte,
�berraschten die H�ftlinge das Exekutionsdefilee der SS, das gerade aus
dem "Arresthof" kam und nicht mit dem Erscheinen der Gefangenen gerechnet
hatte.
Weitere Erschie�ungen fanden seit September 1941 au�erhalb des
Konzentrationslagers statt. Offenbar nahm die SS im Bunkerhof wegen der
"schlechten Tarnungsm�glichkeit" nur noch in Ausnahmef�llen Hinrichtungen
vor. Von Herbst 1941 bis 1942 ermordeten Exekutionskommandos der SS �ber
4.000 sowjetische Kriegsgefangene auf dem
Schie�platz Hebertshausen
bei Dachau."
Dirk A. Riedel: Die Bunkerbauten im KZ Dachau, Augsburg
2001, S. 26f.
2.
Station: Bock
Ort: Vor dem Bunker
Vom "Bock" gibt es leider weder ein Foto noch eine Zeichnung im
Bunker. Sie k�nnen bei dieser Station auf den im Museum ausgestellten
Pr�gelbock hinweisen. Im Leseraum befindet sich in
einer der Kladden ein R�ckenfoto eines zu Tode gepr�gelten H�ftlings.
Sch�lerinformation
Der "Bock" war eine der am meisten gef�rchteten Lagerstrafen. Die nach
dem dazu verwendeten Pr�gelbock benannte Folter wurde �ber Jahre hinweg im
Bunkerhof vollstreckt.
Julius Sch�tzle beschreibt das aus oft nichtigen Anl�ssen verh�ngte
"�ber-den-Bock-gehen" folgenderma�en:
Mit der Ernennung von Hauptsturmf�hrer Zill zum Lagerf�hrer begann
wieder eine harte Zeit. (...) Die von der Reichsf�hrung der SS verordneten
25 Stockhiebe wurden von Zill durch Einf�hrung von Doppelhieben erh�ht
[1940].
Rechts und links des Delinquenten stellte sich je ein SS-Mann. Mit
sadistischer Wollust wurden schon die Vorbereitungen in Ruhe genossen. Der
Waffenrock wurde abgelegt, die Hemds�rmel hochgest�lpt, die im Wasserbad
eingeweichten Ochsenziemer fachm�nnisch auf ihre Tauglichkeit gepr�ft. Die
Zwischenzeiten waren ausgef�llt mit Witzen �ber die zu erwartenden
Schmerzensschreie. Dann folgten lange Verlesungen der Urteile. Diese
endlose Wartezeit war f�r die H�ftlinge eine besondere Nervenqual.
Endlich mu�te der erste vortreten. Das Hemd des Delinquenten wurde
hochgezogen, die Unterhosen nach unten gestopft, so da� nur die d�nne
Leinenhose �brigblieb. Dann wurde er �ber einen Bock gezogen und
festgeschnallt. Zum �berflu� setzte sich ihm noch ein SS-Mann ins Genick.
Bei der eigentlichen Pr�gelei legte der "Herr" SS-Hauptsturmf�hrer Zill
gro�en Wert darauf, da� die SS-M�nner ihre ganze Kraft einsetzten. Aber es
durfte nicht schnell gehen. Gem�tlich seine Zigarette rauchend,
wiederholte er immer wieder: "Langsam, langsam, er soll zu seinem vollen
Genu� kommen!"
Der arme, sich vor Schmerzen windende Tropf auf dem Bock war zu all dieser
Pein noch verpflichtet, die Streiche laut und deutlich zu z�hlen. Wehe
ihm, wenn ihn jetzt seine Nerven verlie�en und ihm ein Fehler unterlief.
Sogleich ert�nte der lakonische Ruf von Zill: "Falsch, von vorn beginnen!"
Wurde er vor lauter Schmerzen bewu�tlos, so wurde ein K�bel Wasser �ber
ihn gegossen und gewartet, bis das Bewu�tsein wiederkehrte, dann wurde die
Prozedur fortgesetzt. Den zu ertragenden Schmerz kann ich nicht
beschreiben. Es gibt hierzu keine Vergleiche.
Julius Sch�tzle, Wir klagen an. Ein Bericht �ber den
Kampf, das Leiden und Sterben in deutschen Konzentrationslagern,
Kulturaufbau-Verlag, Stuttgart 1946, S. 16
Die Folgen waren nicht selten f�rchterlich und machten oft eine
Behandlung im Revier n�tig.
"Wir zitieren eines dieser Krankenbl�tter: 'Auf der linken Ges��h�lfte
starke schwarz-blau verschwollene eitrige Striemen. Die rechte Ges��h�lfte
weist faustgro�e L�cher auf, so da� eine Fleischpolsterung erfolgen mu�.
Au�erdem ist die rechte Niere verletzt, so da� eine Entfernung n�tig
werden wird. Urin blutig.'"
Zitiert nach: Nico Rost,
Konzentrationslager Dachau, Herausgegeben vom Comit� International de
Dachau
Anl�sse f�r die Verh�ngung dieser Folter finden sich in der
Disziplinar- u. Strafordnung f�r
das Gefangenenlager vom 1.10.1933 (Ausz�ge)
� 6
mit 8 Tagen strengem Arrest und mit je 25 Stockhieben zu Beginn und
am Ende der Strafe wird bestraft:
1.) wer einem SS-Angeh�rigen gegen�ber abf�llige oder sp�ttische
Bemerkungen macht, die vorgeschriebene Ehrenbezeugung absichtlich
unterl��t, oder durch sein sonstiges Verhalten zu erkennen gibt, da�
er sich dem Zwange der Zucht und Ordnung nicht f�gen will. (...)
� 8.
Mit 14 Tagen strengem Arrest und mit 25 Stockhieben zu Beginn und am
Ende der Strafe werden bestraft:
1.) Wer das Gefangenenlager ohne Begleitperson verl��t, oder
betritt, wer unbefugt sich einer ausmarschierenden Arbeitskolonne
anschlie�t,
2.) wer in Briefen oder sonstigen Mitteilungen abf�llige Bemerkungen
�ber nationalsozialistische F�hrer, �ber Staat und Regierung,
Beh�rden und Einrichtungen zum Ausdruck bringt, marxistische oder
liberalistische F�hrer oder Novemberparteien verherrlicht, Vorg�nge
im Konzentrationslager mitteilt,
3.) wer verbotene Gegenst�nde, Werkzeuge, Hieb- oder Sto�waffen in
seiner Unterkunft oder in Strohs�cken aufbewahrt. |
Im Anschluss an die Auspeitschung wurde der H�ftling in der Regel f�r
einige Tage - manchmal bis zu 42 Tage - in den Bunker geworfen.
3019 (Untersuchungsraum)
Josef Ulc (1900-1978)
Der tschechische Musiker aus Kolin wurde 1939 als politischer Gegner
verhaftet. Im Herbst 1940 kam er aus dem KZ Sachsenhausen in das KZ
Dachau.
Wegen angeblicher Fluchtabsichten wurde er mit 50 Stockhieben und 14 Tagen
Dunkelhaft im Bunker bestraft.
Verweis auf die Aussage von Josef Ulc in der Tonstation (Gefangene
berichten �ber ihre Haft im Bunker)
"Ich wurde nun in eine dunkle Zelle eingesperrt, in der ich 14 Tage
zubringen mu�te. Es war schrecklich, ganz alleine in vollst�ndiger
Dunkelheit zu sein.
Drei Tage musste ich hungern, erst am vierten Tage bekam ich etwas zu
essen. Ich hatte jedes Zeitempfinden verloren, manchmal wusste ich
nicht, ob es Tag oder Nacht war, es war fast zum Verr�cktwerden. Meine
Unterhaltung war, dass ich mir mein eigenes Leben erz�hlte, sonst sang
ich leise alle m�glichen Opern- oder Operettenmelodien, dann Schlager,
und erfand selber neue Melodien. Und st�ndig sprach ich etwas, z�hlte
meine Schritte (Sitzen war nicht gestattet) von 10 bis 50.000. Oft
fasste ich mich an die Stirn und fragte mich, ob ich noch klar von
Verstand w�re."
Josef Ulc, 1941
aus : Josef Ulc, Dachauer Lagermusik, Prag 1946
Verweis auf die Information �ber Giuseppe Pini in der PC-Station
und im Leseraum
Giuseppe Pini (*1924)
Pini wurde 1924 in Grosio (Provinz Sondrio) in Italien geboren. Bei
der Erkl�rung des italienischen Waffenstillstandes am 8. September 1944
befand er sich als Soldat "reduci" in einer Kaserne in Alessandria
(Piemont). Am n�chsten Tag wurden alle Soldaten von deutschen Truppen in
Kriegsgefangenschaft genommen und zu Fu� nach Mantua in ein Lager
getrieben. Dort traf Pini Kameraden aus seiner Heimat wieder. Von Mantua
wurden die Soldaten in Viehwagen abtransportiert und gelangten nach ca.
zehn Tagen in das Kriegsgefangenenlager Moosburg.
Von dort wurden die Gefangenen in Gruppen zur Arbeit in
R�stungsbetrieben und in der Landwirtschaft eingeteilt. Pini musste bei
BMW in M�nchen arbeiten, wo er zusammen mit anderen Italienern in einem
von Wehrmachtssoldaten beaufsichtigten Barackenlager untergebracht
wurde. Pini war dabei, als zwei deutsche und ein russischer Arbeiter
Ausweise im Schutt fanden und dabei von einem SS-Wachsoldaten ertappt
wurden. Alle wurden am 29. September 1944 in das KZ Dachau gebracht.
Giuseppe Pini durchlief die Einlieferungsprozedur und erhielt wie alle
italienischen und russischen Gefangenen nach dem Schneiden des
Kopfhaares als Kennzeichen einen Streifen von 5 cm herausrasiert, die
"Autobahn". Er bekam H�ftlingskleidung, einen roten Winkel mit dem "I"
f�r Italiener und die Nummer 112.429.
Als Pini in den K�chenabf�llen nach Essbarem suchte, wurde er von der
SS mit zweimal 25 Schl�gen und Bunkerhaft bestraft. Ein weiteres Mal kam
er in den Bunker kurze Zeit vor der Befreiung, weil er ein Brot, das vom
Brotwagen gefallen war, an sich nahm. Am 25. April 1945 wurde
Giuseppe Pini aus dem Bunker entlassen. Bei der Befreiung war er mit
35-40 kg auf die H�lfte seines fr�heren K�rpergewichts abgemagert.
Im Mai 1945 kehrte Pini in seine Heimat zur�ck. Seine Familie hatte �ber
ein Jahr nichts mehr von ihm geh�rt.
Eventuell Verweis auf Wagner (als Beispiel f�r Zivilcourage und
Widerstand im KZ) in der PC-Station und im Leseraum
Karl Wagner (1909-1983)
Karl Wagner war in Stuttgart-Feuerbach als Sohn eines Hilfsarbeiters
aufgewachsen. Wagner, gelernter Kunststeinarbeiter, wurde Anfang 1931
arbeitslos. Er war Mitglied der Kommunistischen Partei.
Am 25. M�rz 1933 verhaftete ihn die Politische Polizei als
kommunistischer Funktion�r. Nach drei Monaten Haft im w�rttembergischen
KZ Heuberg wurde er im Juni 1933 entlassen.
Nun �bernahm er die Leitung der illegalen kommunistischen Organisation
im Stadtteil Feuerbach, bis er im Oktober 1933 erneut festgenommen
wurde. Bei einer der Vernehmungen konnte aber fliehen und in die Schweiz
fl�chten. Von dort aus unterst�tzte er die illegale kommunistische
Arbeit im Reich und kehrte auch im Januar 1934 f�r kurze Zeit nach
Stuttgart zur�ck. Im M�rz 1935 wurde er erneut nach Stuttgart gesandt,
um die Nachfolge des verhafteten Leiters der Roten Hilfe zu �bernehmen.
Durch einen Zufall wurde er einem Beamten der Politischen Polizei
erkannt und festgenommen. Nach neun Monaten Untersuchungshaft
verurteilte ihn ein Gericht zu eineinhalb Jahren Gef�ngnis unter
Anrechnung der Untersuchungshaft. Nach der Strafverb��ung im Gef�ngnis
in Ulm brachte ihn die Gestapo im M�rz 1936 in das KZ B�rgermoor. Im
Herbst 1 936 kam von dort �ber das KZ Welzheim am 19. Dezember 1936 in
das KZ Dachau.
Als zweitmaliger KZ-H�ftling wurde er sofort der Pr�gelstrafe unterzogen
und in die Strafkompanie verlegt. Die Strafkompanie war es, die beim Bau
des Bunkers 1937 eingesetzt wurde.
Bei der vor�bergehenden Aufl�sung des KZ Dachau im September 1939 wurde
Wagner mit der gesamten Strafkompanie in das KZ Mauthausen �berstellt,
das sie bei ihrer R�ckkehr im Februar 1940 als "Mordhausen"
bezeichneten. Fast die H�lfte der Gefangenen der Strafkompanie war in
den wenigen Monaten dort umgekommen. Nach seiner R�ckkehr wurde Wagner
zweiter Kapo in einem Baukommando, wo er versuchte sein Kommando vor dem
Terror der SS zu sch�tzen. Wegen einer unterlassenen Meldung eines
j�dischen Mith�ftlings wurde er 1941 mit 25 Schl�gen und drei Tage
Bunker bestraft. Dennoch wurde er kurz darauf zum Lagercapo ernannt,
der f�r alle Innenkommandos zust�ndig war. In dieser Zeit begannen sich
auch illegale Kommunikationsstrukturen herauszubilden und Ans�tze einer
illegalen Organisation. Einem vor allem Kommunisten angeh�renden Kreis
geh�rte auch Karl Wagner an. Im Februar 1942 wurde Wagner als Capo beim
Bau der "Baracke X", des neuen Krematoriums eingesetzt, dann ab
September 1942 als Capo des Au�enlagers in Neustift bei Innsbruck. Im
April 1943 wurde er als Lager�ltester in das Au�enlager M�nchen-Allach
geschickt, wo unter dem SS-Kommandanten Jarolin schreckliche
Verh�ltnisse herrschten.
Als Jarolin ihn im Juli 1943 anwies, die Pr�gelstrafe an einem
Mith�ftling auszuf�hren, verweigerte Wagner den Befehl. Diese Weigerung
h�tten seinen sofortigen Tod bedeuten k�nnen. Wagner wurde nach Dachau
gebracht und zu sechs Wochen Dunkelhaft im Bunker, anschlie�end 25
Stockhiebe, verurteilt.
nach f�nf Tagen in den in Dachau.(sic!) Danach wurde er in Dachau wieder
als Baucapo eingesetzt. Im M�rz 1944 wurde der F�hrungskreis der
illegalen Organisation, der Wagner angeh�rte verhaftet und in den Bunker
gebracht. Trotz schwerer Mi�handlungen und Folterungen, auch der Haft im
Stehbunker, blieben die Gefangenen standhaft. Nach sechs Wochen wurden
die Gefangenen in die Strafkompanie �berstellt und in ihrem Block
isoliert. Im Juni/Juli 1 944 wurden die langj�hrigen politischen
Gefangenen aus Dachau in andere Konzentrationslager �berstellt. Wagner
kam am 18. Juli 1944 in das KZ Buchenwald. Dort konnte er mit den
anderen Dachauer H�ftlingen dank der Hilfe der illegalen Buchenwalder
Organisation die Identit�t wechseln und so �berleben.
3. Station:
Pfahlh�ngen
Ort: Vor dem Bunker bei Tafel 14 (kurz nach dem Haupteingang) oder
im ehemaligen Wachraum (Raum 02)
Sch�lerinformation
3006 (Wachraum)
"Pfahlh�ngen"
Mit dieser qualvollen Tortur bestrafte die SS H�ftlinge oder versuchte
Gest�ndnisse zu erpressen.

(Zeichnung von Georg Teuber, 1945)
Das "Baumh�ngen", auch "Pfahlh�ngen" genannt, weil man in Dachau Pf�hle
bzw. Balken verwendete, war bis 1943 (dann wurde es abgeschafft, weil es
die Opfer arbeitsunf�hig machte) eine der am h�ufigsten verh�ngten
Lagerstrafen.
Zun�chst wurde es an im vorderen Bunkerhof aufgestellten Pf�hlen
durchgef�hrt.
Ab 1941 wurde der im Wirtschaftsgeb�ude befindliche Baderaum, wo man bis
zu 49 H�ftlinge an den zu diesem Zweck angebrachten Balken aufh�ngen
konnte, f�r den Vollzug dieser Folter benutzt.
Julius Sch�tzle beschreibt das "Baumh�ngen" folgenderma�en:
"Bei diesem H�ngen, kurz "Baum" genannt, wurden dem Verurteilten mit
einer eisernen Kette die H�nde nach hinten zusammengeschlossen. Dann mu�te
er einen drei Stufen hohen Tritt erklettern. Der Henker nahm das andere
Kettenende, klinkte es in einem an einem Balken angebrachten Haken ein und
zog den Tritt dem Daraufstehenden mit einem Ruck unter den F��en weg.
Dieser schwebte nun mit nach hinten gerissenen Armen ungef�hr 20
Zentimeter �ber dem Boden.
Im allgemeinen dauerte diese Prozedur eine Stunde. Das H�ngen war aber
auch eine sehr beliebte Methode zur Erpressung von Aussagen. In einem
solchen Falle hing schon mancher �ber zwei Stunden. Mancher bis zu seinem
Tode. In der Regel trat der Tod zwischen der zweiten und vierten Stunde
ein.
F�rchterliche Schmerzen in den Schultern und Handgelenke waren die Folgen
dieser Behandlung. Nur m�hsam konnte die Lunge mit dem n�tigen Sauerstoff
versorgt werden. Das Herz arbeitete in einem rasenden Tempo. Aus allen
Poren drang der Schwei�. Aber auch nach der Stunde dieses Fegefeuers
zeigten sich noch �ble Folgen. Der H�ftling war nicht mehr in der Lage,
seine H�nde und Arme zu ben�tzen, alles war gel�hmt. Oft war eine
wochenlange Behandlung im Revier notwendig, um diese Folgen zu
beseitigen."
Julius Sch�tzle, Wir klagen an. Ein Bericht �ber den
Kampf, das Leiden und Sterben in deutschen Konzentrationslagern,
Kulturaufbau-Verlag, Stuttgart 1946
Hans Carls �u�ert sich �ber das Verhalten der SS bei diesen
Folterungen:
"Die SS war in der Regel zu mehreren zugegen. Sie rauchten ihre
Zigaretten und spielten Karten. Wurde das Geschrei zu laut, drohten sie
mit ihren Peitschen, schlugen sogar �fter die armen Gequ�lten, oder, was
noch gemeiner war, bewegten sie hin- und her, um den Schmerz noch zu
erh�hen."
Hans Carls, Dachau. Erinnerungen eines katholischen
Geistlichen aus der Zeit seiner Gefangenschaft 1941-1945, Verlag J. P.
Bachem, K�ln 1946
Die SS schreckte auch nicht davor zur�ck, H�ftlinge im Bunker
umzubringen. Diese Morde wurden nicht selten als Selbstmorde ausgegeben.
3004 (Wachraum)
Skizze der Zelle 4 des ersten Bunkers mit dem ermordeten j�dischen
H�ftling Louis Schloss
Die SS stellte seine Ermordung als Selbstmord dar.
(Skizze des Landgerichtsarztes Dr. Flamm vom 18.5.1933, Staatsarchiv
M�nchen)
4. SS im
Bunker
3007 (Wachraum)
SS im Bunker
Manche SS-Angeh�rige sind den Gefangenen durch ihre Grausamkeit und
Mordlust besonders in Erinnerung geblieben. Hierzu geh�rten neben anderen
Johann Kantschuster (Aufseher im Bunker 1933-1939) und Josef Seu�
(Aufseher im Bunker 1938-1942).
F�r die Zeit ab 1943 wird seltener �ber Morde im Bunker berichtet. �ber
Edgar Stiller, den letzten Verantwortlichen f�r den Bunker, sind keine
Anschuldigungen ehemaliger H�ftlinge �ber pers�nliche Grausamkeiten
bekannt geworden.
Beamte der Politischen Abteilung (Gestapo) wie Johann Kick f�hrten im
Bunker Vernehmungen durch. Sie misshandelten und folterten Gefangene um
Gest�ndnisse zu erpressen.
3008
Johann Kantschuster (1897 - ? )
SS-Obersturmf�hrer
Johann Kantschuster geh�rte von 1933 bis 1939 dem Kommandanturstab des KZ
Dachau an Der wegen seiner Brutalit�t gef�rchtete Aufseher ermordete
mehrere H�ftlinge Er ist seit 1945 verschollen.
Passfoto der NSDAP-Akte, 1942 Bundesarchiv Berlin
Weitere Informationen über Kantschuster finden Sie in der Wikipedia
3009
Josef Seu� (1906-1946)
SS-Scharf�hrer
Josef Seu� geh�rte seit April 1933 der Wachtruppe bzw. dem
Kommandanturstab des KZ Dachau an. Von 1938 bis 1942 leistete er
Jourdienst im Bunker. 1946 wurde er im ersten Dachau-Prozess zum Tode
verurteilt und hingerichtet.
Passfoto der SS-Akte, 1943 Bundesarchiv Berlin
Weitere Informationen über Seuß finden Sie in der Wikipedia
Verweis auf die Aussage von Erwin
Gostner in der Tonstation:
"Ich komme in den Bunker! Nur ein Dachauer weiss, was das bedeutet.
Ein SS-Scharf�hrer, der wegen seiner Grausamkeit ber�chtigte Blockf�hrer
Seuss, und sein Helfershelfer Bernhardt, ein Hamburger Raubm�rder und
Berufsverbrecher, nehmen uns in Empfang. Letzterer steht auf dem Gang,
als ich in meine Zelle gef�hrt werde. Auch er tr�gt die
H�ftlingsuniform, aber ohne Nummer. Er genie�t wegen seiner Brutalit�t
bei den SS-Leuten ei-ne Sonderstellung. Sie k�nnen ihn gut brauchen,
denn er nimmt ihnen die schmutzigste Arbeit ab. Von diesem Menschen
spricht das ganze Lager. Er gleicht seinen beiden Bluthunden, die ihn
stets begleiten. Als ich an ihnen vorbeigehe, schnuppern sie an meinen
Stiefeln."
Erwin Gostner, Juni 1938
aus: Erwin Gostner, 1000 Tage Im ZK. Innsbruck 1945, S.30
Verweis auf die Aussage von Werner Thalheim in der Tonstation:
"Der Bunkerchef ist ein Scharf�hrer (...) voller Sadismus und
st�ndig neuen �berraschungen. Pl�tzliche Appelle, vor allem nachts, wo
er alle H�ftlinge nackend �ber den Bunkerhof jagt und dann die Hunde
losbindet, so dass du v�llig ersch�pft wieder in deiner Zelle landest.
Kommt dein Peiniger aber gerade von einem Saufgelage der SS, dann ist
f�r Stunden die H�lle los und ein jeder sitzt �ngstlich in der Ecke
seiner Zelle, wartend, bis endlich der Schlaf den Henkersknecht
�bermannt.
Was mich besonders nervt, ist das Gest�hne aus den Nebenzellen. Es sind
die mit Bock oder Baum bestraften Kameraden, die dann noch 3 - 10 Tage
Bunker verb��en m�ssen."
aus: Werner Thalheim, Dachau, wie ich es erlebte und
�berlebte. Manuskript KZGDa. S. 36f
3011
Johann Kick (1901-1946)
Kriminalsekret�r (Gestapo)
Johann Kick war von 1937 bis 1945 Leiter der Politischen Abteilung
(Gestapo) des KZ Dachau. Er misshandelte Gefangene und beteiligte sich an
Exekutionen.
Im ersten Dachau-Prozess wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Passfoto der SS-Akte, 1941
Bundesarchiv Berlin
Weitere Informationen über Johann Kick finden Sie in der Wikipedia
5. Station:
Die Zellen
Ort: Wenn m�glich im Zellengang
Sch�lerinformation
3013
H�ftlinge im Bunker (Vernehmungsraum)
Zwischen April 1933 und der Befreiung 1945 waren mehrere tausend Menschen
in den drei Bunkern (1933; 1934-1938, 1938-1945) des KZ Dachau �ber
l�ngere Zeit inhaftiert. Nur in wenigen F�llen wissen wir Genaueres �ber
ihr Schicksal.
KZ-H�ftlinge aus dem Lager verb��ten hier Lagerstrafen, eine unbekannte
Zahl wurde ermordet.
Die Gestapo isolierte politische Gefangene im Bunker �ber Monate oder
Jahre.
"(...) alle Zellen hatten die gleiche Gr��e (2,20 breit, 2,90 tief und
3,10 Meter hoch), sie waren nummeriert, ihr Boden bestand aus Parkett. An
den T�ren war jeweils eine verschlie�bare Essensklappe und ein Spion aus
Glas angebracht, der mit einer Blende von au�en abgedeckt werden konnte.
Jeder Gefangenenraum verf�gte �ber einen Heizk�rper, ein Waschbecken und
eine Sp�ltoilette. Heizung wie Wasserzufuhr konnten vom Gang aus reguliert
werden. Entsprechende Kr�ne befanden sich in Wandk�sten neben den
Zellent�ren. Auch das elektrische Licht in den Gefangenenr�umen musste im
Flur an- und ausgeschaltet werden. In allen Zellen gab es kleine
L�ftungskan�le und ein schmales, vergittertes Oberlicht, das gekippt
werden konnten. Doch Rolll�den erm�glichten es der SS, einzelne R�ume von
au�en v�llig zu verdunkeln. In den meisten Verliesen war eine Pritsche
angebracht, die an die Wand hochgeklappt werden konnte."
Dirk A. Riedel, Die Bunkerbauten im KZ Dachau, Augsburg
2001, S. 23
Der �sterreichische Schutzh�ftling
Erwin Gostner, der vom 9. Juni bis zum 28. Oktober 1938 in dem gerade
errichteten "Bunker" eingesperrt war, beschreibt seine Zelle
folgenderma�en:
"Meine neue Zelle ist gro� und sauber. Sie enth�lt ein einfaches
Bettgestell, eine Wasserleitung mit Waschbecken, ein Sp�lklosett und
Zentralheizung. Die W�nde sind blendend wei�, der Boden aus Parkett, (..)
Die �u�erlich korrekte Aufmachung unseres Gef�ngnisses beeindruckt mich
jedoch nicht mehr. Ich wei�, da� es sich hierbei nur um ein "Potemkinsches
Dorf" handelt, um ein T�uschungsman�ver, das den dann und wann zur
Besichtigung kommenden ausl�ndischen Pressevertretern Sand in die Augen
streuen soll, wenn das Ausland wegen der grausamen Behandlung der
H�ftlinge in den deutschen Konzentrationslagern Alarm schl�gt."
Erwin Gostner, 1000 Tage im KZ, Innsbruck 1947
Verweis auf die Zitate von Buzengeiger und Gostner in den Zellen
9, 25 und 19
(siehe Station 10)
Verweis auf die Informationen �ber Walter Buzengeiger in der
PC-Station, im Leseraum und in den Zellen 9 und 25
Walter Buzengeiger
(1910-1997)
Walter Buzengeiger wurde am 27. Januar 1910 in Heidelberg geboren.
Nach dem Abitur im Fr�hjahr 1928 nahm er in K�ln und M�nchen das Studium
der Volkswirtschaft auf, das er am 31. Juli 1931 mit dem Diplom f�r
Volkswirte abschloss. In K�ln fand Walter Buzengeiger Anschluss an eine
sozialistische Studentengruppe. In M�nchen beteiligte er sich an den
Aktivit�ten einer linken Gruppierung und trat der KPD bei. Auf das
Studium folgte eine Zeit der Arbeitslosigkeit und politischen
Engagements, bei dem Walter Buzengeiger Senta Leutner kennenlernte. Sie
heirateten am 29. M�rz 1932. Ab Sommer 1932 arbeitete Walter Buzengeiger
als Vertriebsleiter der "Arbeiter-lllustrierten-Zeitung" f�r Nordbayern
und zog nach Stein bei N�rnberg um. Auf Grund einer Denunziation
wurde Buzengeiger am 1. Februar 1933 in N�rnberg verhaftet. Er wurde in
einem Verfahren vom Vorwurf der illegalen Bet�tigung vor dem Bayerischen
Obersten Landesgericht freigesprochen. Seine Ehefrau kam f�r drei Jahre
in Schutzhaft.
Walter Buzengeiger wurde trotz des Freispruchs nicht entlassen,
sondern von der Bayerischen Politischen Polizei in Schutzhaft genommen
und in das KZ Dachau eingewiesen.
Er geh�rte dort zum Kreis um Willi Franz und Dr. Delwin Katz. Wie diese
wurde er verd�chtigt, Au�enkontakte zu unterhalten, und deshalb in den
Bunker gebracht. Von Februar bis Oktober 1934 war er im Bunker in
Dunkelhaft und wurde mehrmals misshandelt.
Obwohl sich seine Mutter seit seiner Inhaftierung in Briefen an den
NSDAP-Gauleiter Wagner, an Reichsstatthalter Epp und an den
Reichsf�hrer-SS Himmler f�r die Freilassung ihres Sohnes einsetzte,
wurde Walter Buzengeiger lange nicht entlassen. Eine Rolle spielte dabei
auch, dass er sich weigerte sich von seiner ebenfalls inhaftierten
Ehefrau scheiden zu lassen.
Erst am 8. Oktober 1936 kam Buzengeiger frei. Er wohnte zun�chst bei
seiner Mutter in Gr�tzingen, dann in Durlach, wo ihm die
NSDAP-Kreisleitung nach einer Periode der Arbeitslosigkeit eine
Besch�ftigung bei der N�hmaschinenfabrik Gritzner-Kayser vermittelte.
Weihnachten 1936 zog Senta Buzengeiger, die fast drei Jahre Haft im
Frauengef�ngnis in Aichach bei Augsburg verb��t hatte, zu ihrem Mann. Am
28. Januar 1938 wurde ihre Tochter Toni geboren.
Im Mai 1939 wurde Buzengeiger zum Wehrdienst eingezogen. Er leistete
Kriegsdienst als Soldat, zuletzt in einer Sanit�tsabteilung.
Im Herbst 1945 wurde Walter Buzengeiger Leiter des Liegenschaftsamts der
Stadt Ulm. Sp�ter holte er seine Promotion nach. 1950 verlie� er die
kommunistische Partei und schrieb als freier Mitarbeiter f�r die
"Schw�bische Donau Zeitung". Walter Buzengeiger starb am 10. August
1997.
In Einzelf�llen wurden auch Frauen aus Au�enlagern im Bunker
inhaftiert.
Verweis auf Maria Vaders
Maria Johanna Vaders, geboren 1922 in Den Haag/'Niederlande.
Die kaum 18j�hrige Beamtin des Arbeitsamtes Den Haag unterst�tzte
verschiedene Widerstandsbewegungen. Unter dem Decknamen �A.C. contact
V.G.� (Beambten contact Freie Gruppe Den Haag) arbeitete die
Widerstandsgruppe, der Maria Vaders angeh�rte: es wurden Ausweise und
Kennkarten gef�lscht und Kurierdienste ausgef�hrt.
1944 wird die Gruppe nach dreij�hriger Widerstandsarbeit von einem
Provokateur verraten. Maria Vaders wird am 20. 6.1944 in das Gef�ngnis
Oranjehotel Scheveningen gebracht, danach in das Konzentrationslager
Herzogenbusch, einer Abteilung des S.D. Lagers Vught, deportiert. Am 6.
9. 1944 werden die H�ftlinge des Konzentrationslagers Vught im
Viehwaggon in das Konzentrationslager Oranienburg, die Frauen in das KZ
Ravensbr�ck verlegt. Die Gruppe von zweihundert holl�ndischen Frauen,
der Marie Vaders angeh�rte, wurde am 13. Oktober 1944 in das
Au�enkommando Agfa-Kamerawerk des Konzentrationslagers Dachau gebracht.
Marie Vaders bekam die H�ftlingsnr. 123145. Sie erlebte hier die
Befreiung, um dann in die Niederlande zur�ckzukehren. Heute berichtet
sie vom Widerstand gegen die Unmenschlichkeit des Nazisystems, mit dem
sich die holl�ndischen Frauen in diesem Au�enkommando gegen zu lange
Arbeitszeit, Strafappelle und zu schlechte Ern�hrung zu wehren
versuchten. Da man Marie Vaders f�r verantwortlich f�r diese
Streikaktionen hielt, wurde sie f�r sieben Wochen im Bunker
eingeschlossen. Zwischendurch erkrankte sie und kam f�r zwei Wochen in
die Desinfektionsbaracke, um danach wieder in den Bunker zur�ckgebracht
zu werden. Sp�ter erfuhr sie, da� sie als �NN� (Nacht-und-Nebel-)Gefangene
h�tte nach Bergen-Belsen gebracht werden sollen, doch dazu kam es nicht
mehr. Maria Vaders war eine der wenigen weiblichen Deportierten des
Konzentrationslagers Dachau. �ber ihr Gedicht �Bunker Dachau� berichtet
sie heute: �Im Bunker habe ich nicht geschrieben, das war zu gef�hrlich.
Ich hatte einen Bleistift in meinen Haaren versteckt und konnte
irgendwann eine kurze Notiz auf Toilettenpapier stenografieren. Sp�ter
habe ich dann alle meine Gedanken aufgeschrieben . . .� 1993
ver�ffentlichte Marie Vaders ein Lyrikb�ndchen mit Gedichten �ber ihre
Lagererfahrung, in dem auch dieses Gedicht [siehe
F�hrungshilfe Bunker] enthalten ist.
Mein Schatten in Dachau, Zusammengestellt
und kommentiert von Dorothea Heiser, Hrsg. vom Comit� International de
Dachau, M�nchen 1993
"Die zunehmende �berf�llung des KZ Dachau und die steigende Nutzung des
Zellenbaus als Geiselgef�ngnis [Sonderh�ftlinge] wirkte sich auch auf die
Haftbedingungen der �brigen Bunker-Insassen aus. So sperrte die SS
Gefangene, die zu einer Arreststrafe bestraft worden waren, oder als
"Untersuchungsh�ftlinge" isoliert wurden, nun oft mit sieben bis acht
Personen in eine einzige Zelle. Auf engstem Raum wurden dreist�ckige
Etagenbetten aufgestellt."
Dirk A. Riedel: Die Bunkerbauten im KZ Dachau, Augsburg
2001, S. 34
6.
Station: Stehzellen
Ort: Zellen 63, 64, 65
Sch�lerinformation
3044
Stehzellen
1944 lie� die Lagerleitung in drei Zellen jeweils vier Stehzellen
einbauen. Sie hatten eine Grundfl�che von ca. 70x70 cm, so dass sich die
H�ftlinge weder hinsetzen noch hinlegen konnten. Die ununterbrochene Haft
in diesen Stehzellen konnte bis zu 72 Stunden dauern. Luft- und
Lichtmangel versch�rften die Folter in diesen Verlie�en.
Nach der Befreiung des Lagers 1945 lie� die amerikanische
Milit�rverwaltung die Einbauten beseitigen.
Radovan Drazan (*1923)
Drazan, geb�rtig aus Dobruska/Tschechoslowakei, wurde [im Alter von 18
Jahren] verhaftet (..) und in das KZ Dachau gebracht. Wegen eines heimlich
geschriebenen Briefes an seine Mutter, der von der SS entdeckt wurde, kam
Drazan am 20. Dezember 1944 in den Stehbunker. [Dort blieb er bis zum 30.
Dezember unter Qualen inhaftiert.]
Mehr
H�ftlingsbiografien PC-Station
3021
Jurij Piskunov (* 1926)
Der [17j�hrige] sowjetische H�ftling kam im November 1943 vom KZ
Mauthausen nach Dachau.
Im Oktober 1944 musste er zehn Tage in einer Stehzelle im Bunker
verbringen, weil er eine beim Tr�mmerr�umen gefundene Zeitung in das Lager
mitgenommen hatte.
(Portr�t, 30er Jahre)
Mehr
Bogdan Borçiç (* 1927)
Als Bogdan Borçiç eines Tages aus dem Magazin Seide schmuggelte und
dabei versuchte, dem Rapportführer aus dem Weg zu gehen, wird er wegen
Missachtung mit Haft im Stehbunker bestraft. Auf der Fläche von 70 mal
70 Zentimeter konnte sich der Gefangene weder hinsetzen noch hinlegen.
Die ununterbrochene Haft in diesen Zellen war für eine Dauer von bis
zu 72 Stunden gedacht (längere Haftzeiten sind bekannt), Luft- und
Lichtmangel verschärften die Strafe.
7. Station:
Sonderh�ftlinge
Ort: Zellen 81 - 83 (Elserzellen)
3026
Georg Elser
(1903-1945)
Am 8. November 1939 scheiterte in M�nchen das Bombenattentat des
Kunstschreiners Georg Elser auf Hitler. Als Sonderh�ftling im KZ
Sachsenhausen inhaftiert, kam Elser Anfang 1945 in das KZ Dachau. Hier
wurde er in strenger Einzelhaft gehalten, bekam aber mehrere Zellen (Nr.
81-83) zugewiesen.
Am 9. April 1945 wurde Georg Elser im Krematorium des KZ Dachau ermordet.
3029
Das Bombenattentat Georg Elsers
im November 1939
Unter dem Eindruck des drohenden Krieges beschloss Georg Elser 1938 Hitler
zu beseitigen.
Im M�nchner B�rgerbr�ukeller, dem Traditionslokal der NSDAP, explodierte
am 8. November 1939 die Bombe: Acht Tote und �ber 60 Verletzte lagen unter
den Tr�mmern. Doch Hitler hatte kurz vorher den Saal �berraschend
verlassen.
Elser wurde noch in derselben Nacht verhaftet.
Hinweis auf geistliche Sonderh�ftlinge, deren Zellen sich am
Westausgang des Bunker befanden
3045
Geistliche Sonderh�ftlinge
Ab 1943 war der westliche Teil des Bunkergangs durch eine Zwischent�r
abgetrennt. In acht Zellen wurden dort prominente Geistliche wie Pastor
Dr. Martin Niem�ller oder Domkapitular Johannes Neuh�usler gefangen
gehalten. Jeder H�ftling hatte eine eigene Zelle; die �brigen R�ume wurden
als Aufenthaltsraum oder f�r gemeinsame Gottesdienste genutzt.
Zelle 30 Dr. Martin Niem�ller, Pastor in Berlin 1942/43-April
1945
Zelle 31 Dr. Michael H�ck, Schriftleiter der "M�nchner Katholischen
Kirchenzeitung" 1942/43-April 1945;
Gabriel Piguet, Erzbischof von
Clermont-Ferrand April 1945
Zelle 32 Dr. Johannes Neuh�usler,
Domkapitular in M�nchen1942/43-April 1945
Zelle 33 Speise- und Aufenthaltsraum
Zelle 34 Kapelle mit (Koffer-)Altar
Zelle 35 Corbinian Hofmeister (1891-1966), Abt von Metten, Ostern 1943
verhaftet, April 1944-April 1945 im KZ Dachau;
Karl Kunkel, Kaplan in K�nigsberg April
1945
Verweis auf die Informationen �ber Martin Niem�ller, den heute
neben Georg Elser prominentesten
Sonderh�ftling, in der PC-Station und im
Leseraum
Dr. Martin Niem�ller (1892-1984)
Martin Niem�ller stammte aus einem nationalprotestantischen Pfarrhaus.
Nach dem Abitur wurde er Marineoffizier und nahm als U-Boot-Kommandant
am Ersten Weltkrieg teil. Die milit�rische Niederlage Deutschlands und
die Revolution von 1918 erlebte er als schmachvollen Niedergang der
alten Ordnung. Er entschloss sich zum Theologiestudium (1919-1923) in
M�nster. Nach Abschluss der Studien arbeitete Martin Niem�ller f�r die
Innere Mission. Durch seine Vortragst�tigkeit und seine politischen
Reden als Fraktionssprecher der "Evangelischen Vereinigung" im Stadtrat
von M�nster war er bereits ein bekannter Mann, als er 1931 eine
Pfarrstelle in Berlin-Dahlem antrat. Obgleich Niem�ller seit 1924 bei
Wahlen seine Stimme der NSDAP gegeben und den Regierungsantritt Hitlers
begr��t hatte, geriet er ab Mai 1933 zunehmend in Widerspruch zum
NS-Regime. Er bek�mpfte die "Deutschen Christen" als
nationalsozialistische Kirchenpartei, da er die Unterordnung des
Evangeliums unter eine politische Zielsetzung ablehnte. Seinem
Gr�ndungsaufruf zum "Pfarrernotbund" vom September 1933 folgte ein
Drittel der evangelischen Pfarrer. Diese Vereinigung wurde 1934 zu einer
Keimzelle der
"Bekennenden Kirche", die sich seit 1935 unter der F�hrung Niem�llers
den Ma�nahmen der staatlichen Kirchenpolitik widersetzte.
Im In- und Ausland galt Martin Niem�ller bald als Symbolfigur des
kirchlichen Widerstands gegen der Nationalsozialismus.
Auf Befehl Hitlers wurde Niem�ller am 1. Juli 1937 verhaftet, vor
Gericht gestellt und am 2. M�rz 1938 zu einer Geldstrafe und
Festungshaft verurteilt. Da Hitler �ber das milde Urteil ver�rgert war,
lie� er Martin Niem�ller als seinen pers�nlichen Gefangenen in das
KZ-Sachsenhausen einliefern. 1941 wurde Niem�ller als Sonderh�ftling in
das KZ Dachau verlegt.
Nach der Befreiung 1945 versuchte Niem�ller seine Erfahrungen mit der
NS-Herrschaft in der kirchlichen und politischen �ffentlichkeit des
Nachkriegsdeutschland umzusetzen. Er klagte die Kirchen in Deutschland
der Mitschuld an den politischen Fehlentwicklungen an, k�mpfte als
radikaler Pazifist gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands und
kritisierte wiederholt die amerikanische Nachkriegspolitik. Der
streitbare Protestant trat 1964 als hessisch-nassauischer
Kirchenpr�sident in den Ruhestand.
Weitere Informationen
Als die Nazis die
Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein
Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe
ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie die Juden holten, habe ich
geschwiegen; ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.
Martin Niem�ller |